Mittwoch, 20. April 2011

Kuba, Fotografieren und die Revolution

Fotografieren und Ausrüstung

Wie man sich vorstellen kann, bietet Kuba einmalige Fotomotive. Und wie überall auf der Welt sollte man respektvoll fotografieren, was nicht immer leicht fällt - beispielsweise dann, wenn man durch eine normale Straße geht und auf dem (wie immer schmalen) Gehsteig geht (da man ansonsten von Lastwagen, Bici-Taxis oder Motorradfahrern geplättet wird) und regelmäßig an einem komplett offenen Wohnzimmer vorbeigeht, in dem die Familie gemütlich vor dem Fernseher auf dem Sofa sitzt, von Che-Portraits überwacht. Aber immerhin ist das schlicht das Wohnzimmer einer Familie und wir möchten es ja auch nicht, dass uns jemand ins Wohnzimmer fotografiert. Wer, wie wir beispielsweise in Trinidad, ein solches Zimmer zur Straßenseite bewohnt und keine andere Chance auf Belüftung hat als die Öffnung des Fensters zur Straßenseite, der lässt auch schnell entsprechenden Respekt walten. So weit, so selbstverständlich.

Ich habe mich aufgrund der Lichtverhältnisse und des Charakters der Reise für eine äußerst entspannte primäre Reisekamera entschieden: Meine sonst nur für Hochzeitsfotografie genutzte Fuji S5.1Pro hat sich dank der immer noch ungeschlagenen Dynamik und des genialen Nikon-Autofokus bestens bewährt und stressfrei perfekte JPGs ausgespuckt. Bei sehr wenigen Aufnahmen habe ich (eher der Vollständigkeit halber) noch zusätzlich RAW gespeichert. Zu dieser stressfreien Kamera die ich immer ohne Tasche in der Hand getragen habe, wäre mir eine ständige Objektivwechselei einfach zu nervig gewesen. Da mein (als Hochzeitsobjektiv geniales) Tamron 28-75 eine solche Wechselei erfordert hätte, habe ich mich für das gehypete kurze Suppenzoom, sprich das Nikon 16-85 entschieden. Das ist lausig lichtschwach und leidet unter den üblichen Unzulänglichkeiten aller Nikon-Objektive (weltfremde Konstruktion des Zoomrings, keine Aussparung der Sonnenblende für Polfilter, etc...) aber hat einen leidlich ausreichenden Zoombereich und eine gerade noch akzeptable Qualität, zumindest für die Auflösung der Fuji ist das Teil gerade noch ausreichend. Da ich die Benutzung des Nikon-Objektivbajonetts weiterhin als schlicht "falschrum" erachte und keine Lust habe mich bei jedem Objektivwechsel drüber zu ärgern, habe ich sicherheitshalber sämtliche Nikonobjektive zuhause gelassen. Vermisst habe ich im Humboldt Park ein 105er Macro, das wars. Nett gewesen wäre ein 2.8/70-200 für die Stadtaufnahmen durch die Windschutzscheibe mit Polfilter, hier war das 16-85 sowohl zu kurz als auch oft zu lichtschwach - aber ich glaube selbst wenn ich es hätte, wäre mir das Teil für diese Reise zuviel Schlepperei gewesen.
Leider nicht so richtig entspannt ist die im Vergleich zur Pentax lausige Programmautomatik die nie das macht was man möchte und im Vergleich zur genialen HyP-Funktion der Pentax schlicht unbrauchbar ist.  Deshalb habe ich die Fuji so wie auch auf Hochzeiten in A genutzt.

Als Zweitkamera habe ich die als Reisekamera bereits absolut bewährte und schlicht einmalig schnell und intuitiv zu bedienende Pentax K-7 mitgenommen, dazu das Pentax DA 10-17, das DA 15, Sigma 30 und DA 35 Macro. Die handliche und stabilisierte Pentax hat sich mit dem Sigma 30 als göttliche Kamera für die abendlichen und nächtlichen Touren bewährt. Objektivseitig vermisst habe ich mein 1.4/85 das im Tropicana genial gewesen wäre, aber natürlich die ganze Reise mitgeschleppt werden will.

Frosch mit 5mm Länge :-)
 Speichermedium waren 32GB Sandisk 30MB/s, gesichert wurde auf einem (mal wieder uneingeschränkt bewährten) Asus 1000HE und zwei externen Festplatten. Da die Fuji leider rückständiges Compactflash-Format hat, wurde ein schneller externer Kartenleser nötig; hier habe ich mich nach einiger Recherche für den zukunftstauglichen (da SDXC fähigen) und generell sehr schnellen digisol Multireader entschieden.

Wunderschöne Autos sind allgegenwärtig
Als robuste Immerdabei-Taschenknipse habe ich eine Olympus TG-310 mitgenommen, die extrem robust und mehrere Meter tauchfest ist. Im Vergleich zu anderen Modellen ist die Olympus relativ lichtstark, hat einen sehr gut funktionierenden Stabilisator und ist preislich interessant. Beim Schnorcheln hat sich die Kamera bestens bewährt und nette Fotos und Videos geschossen. Wie allseits bekannt, stellt Unterwasserfotografie an Fotograf und Ausrüstung sehr spezielle Anforderungen, deshalb möchte ich unterwasser noch nicht von ernsthafter Fotografie sprechen sondern von netten Urlaubserinnerungen. Langfristig kann ich mir aber durchaus vorstellen, mich mit dem Thema Unterwasserfotografie ernsthaft zu beschäftigen.

Eine Gruppe SCUBA Taucher die uns begegnet ist
Probleme gab es auf der gesamten Reise keine, die Backups wurden also zum Glück nicht gebraucht. Dennoch möchte ich nie wieder auf verteilte Backups verzichten.

GPS, Smartphone und die Grenzbeamten

Wo Digitalfotos gemacht werden, ist ein GPS (sei es ein dediziertes GPSr oder ein GPS-Modul im Smartphone) für Geotagging nicht weit. Nun ist in Kuba bekanntlich die Einfuhr von GPS-Empfängern jedweder Art sehr stark reglementiert, die diesbezüglichen Informationen die bei verschiedensten Quellen eingeholt wurden (kubanische Botschaft, Auswärtiges Amt, Reisebüro, Reiseberichte im Internet, Erfahrungen von Geocachern, etc...) könnten widersprüchlicher nicht sein - selbst beim gleichen Reisebüro (wo wir die Reise gebucht haben) wurden von zwei verschiedenen Kubaspezialisten zwei vollkommen unterschiedliche Aussagen gemacht: Einmal "unbedingt vorher bei der Regierung anmelden, ansonsten gibt es massive Probleme" und einmal "ist kein Problem, man kann ja nicht jedem Touristen sein iPhone abnehmen"
In vorauseilendem Gehorsam habe ich mein erprobtes Foretrex 201 zuhause vergessen, kann also nicht mit Erfahrungen dienen wie sich Grenzer verhalten wenn sie ein dediziertes GPS-Gerät auffinden. Mein relativ vollgepackter Technikrucksack (obige Ausrüstung plus Reserveakkus plus diverse andere Elektrotechnik incl. Rasierer und Zahnbürste) zieht normalerweise Kontrolleure an wie Touristen in Kuba die Bettler aber der Grenzer hat sich am meisten für die elektrische Zahnbürste interessiert, wahrscheinlich weil darin eine fest montierte Batterie ist die man nicht einfach so rausnehmen kann. Deshalb würde ich (falls überhaupt) nur bei den wenigen GPS-Empfängern mit fest montierter Batterie erwarten; bei normalen Geräten die mit herausnehmbaren Akkus bestückt sind ist bei der Handgepäckkontrolle nach der Immigration unwahrscheinlich, dass jemand das Gerät rauszieht. In Zeiten in denen jedes Smartphone ein GPS-Modul hat, ist diese Einfuhrbeschränkung genauso weltfremd wie das gesamte System.
Leider hatte ich mit meinem "Smart"phone trotz besten Empfangsbedingungen nirgendwo GPS-Empfang. Ich habe nun schon mehrfach gelesen, dass auch mir anständigen Geräten einfach zu wenige Satelliten nutzbar sind - woran das liegt und ob die US-Regierung hier gezielt beschränkt, entzieht sich meiner Kenntnis.
Deshalb war mir auf dieser Reise erstmalig nach vielen Jahren kein GPS-basiertes Geotracking möglich, ich habe also einfach die Bilder grob unterteilt und den einzelnen Städten zugeordnet.

Internet bzw. kein Internet

Vergiss es einfach. Bis die neue Leitung endlich mal aktiv ist, ist in vielen Städten gar keine Verbindung möglich. Durch die systematische Abschottung des Volkes vor freier Information hat Internet immer noch den Charakter einer manuell geschalteten Satellitenverbindung.
Die beste Chance gibts im Etecsa Telepunto aber auch dort hieß es oft: "Internet ist gerade offline, bitte nächste Woche nochmal vorbeischauen". Wenn es mal funktioniert (unbedingt vorher fragen!) kauft man sich für 6 CUC eine 1h Karte oder für 3 CUC eine 30min Karte, rubbelt den Code frei und kann dann mit bestem 14.400-Baud-Modem-Feeling im Internet Emails checken. Da der Aufbau einer normalen Webseite aber gerne mal zwei Minuten dauert, sind in einer halben Stunde bestenfalls 10 Emails lesend oder 5 schreibend drin.
Vergiss Internet einfach und buche alle Unterkünfte von Deutschland aus oder lasse Locals telefonieren.

Auto und Fortbewegung

Für zwei Personen mindestens Klasse Seat Cordoba, für vier Personen mindestens Seat Altea XL buchen. Wer einmal miterlebt hat, wie sich vier Leute mit Gepäck in einen Peugeuot 206 oder Hyundai Atos quetschen, ist kuriert. Wer den Alltag auf kubanischen Straßen miterlebt hat auf denen hauptsächlich Anwärter auf den Darwin Award unterwegs sind, will Pferdewagen und Monsterlastwagen halbwegs sinnvoll überholen können. 

Relativ gute (da nicht mit rasiermesserscharfen Steinen belegte) Straße
Fortbewegung mit dem Fahrrad ist ein sinnloses Selbstmordkommando. Wenn sich auf der Straße zwei Lastwagen entgegenkommen, ziehen die beide an der Hupe und dann heißt es für das Fahrrad: Ab auf den Schotterstreifen oder was auch immer neben der Straße ist. Natürlich sind die Kubaner selbst diesbezüglich absolut todesmutig, halten unbeschwert ein Schwätzchen mitten auf der Straße und radeln grundsätzlich nebeneinander auf der Straße um ratschen zu können - aber dementsprechend oft wird auch mal einer vom Lastwagen geplättet. Wer Lust hat den Helden zu spielen, kann das in Kuba nach Herzenslust tun, empfehlen würde ich es nicht.
Auf der gesamten Reise haben wir genau EINE Person gesehen, die wahnsinnig genug war, mit einem mit Gepäck bepackten Fahrrad durch Kuba zu fahren. Das ist verständlich, da wohl kein Land der Erde weniger fahrradreisegeeignet ist als Kuba:
Selbstverständlich machen die meisten Autofahrer fast immer Platz, wenn mal wieder Anwärter auf den Darwin Award auf zwei Rädern durch die Gegend schunkeln - was sie stets nebeneinander, fast immer in Schlangenlinien, gerne entgegen der Fahrtrichtung und meist mit einem Passagier im Damensitz auf dem Gepäckträger tun. Das bedeutet aber weder, dass sie das immer tun, noch, dass sie es gerne tun. Wenn ein Lastwagen die Hupe zieht, hat der Radler genau zwei Optionen: Ab in den Straßengraben oder eine halbe Sekunde später an der Lastwagenstoßstange klebend.
Selbstverständlich fahren die Kubaner mit dem Fahrrad und transportieren damit auch gerne gigantische Hausschweine, ein Bündel mit drei ausgewachsenen Truthähnen am Lenker oder ein ganzes Rudel Ferkel in einem kleinen Käfig auf dem Gepäckträger - aber nicht weil sie es toll finden sich bei 40° im Schatten ohne Gangschaltung und mit der Garantie auf einen Plattfuß alle 5km über die mieserabelsten Straßen des Planeten zu quälen, sondern lediglich, weil sie keine andere Chance haben. Wer also freiwillig nach Kuba kommt und irgendeine Chance auf ein sinnvolles Fortbewegungsmittel hat, der ist gut beraten, sich einen Mitwagen zu nehmen.

Fortbewegung mit dem Fahrrad - nicht weils schön ist, sondern weil das Hausschwein transportiert werden muss

Bezüglich Auswahl des Vermieters: Rex hat hauptsächlich Seat und ist deshalb mein Favorit. Danach kommt Cubarental, die hauptsächlich Hyundai haben. Letzte Wahl für mich ist havanautos, dort gibt’s quasi ausschließlich Geely.

Sowas gibts auch nur in Kuba: Lada-Stretch-Limo
Fortbewegung ohne eigenes Auto ist natürlich grundsätzlich möglich, nach vielen Gesprächen mit anderen Reisenden (die durchwegs frustriert von Fortbewegung ohne eigenes Auto waren) muss man ziemlich genau die doppelte Reisezeit einplanen wenn man mit Bus und Taxi unterwegs ist - und wirklich billiger ist es auch nicht. Manche Strecken (lustigerweise genau die bei den Mietwagenverweigerern so beliebten Orte "abseits der Touristenpfade") sind mit den Buslinien schlicht überhaupt nicht erreichbar, also muss man schnell mal für eine kurze Strecke ein Taxi nehmen das mehr kostet als ein Mietwagen für zwei Tage. Dafür muss man auch mal einen zusätzlichen Tag an einem Ort einschieben (Zitate: "Wir hätten sogar den Bus genommen der um 2:15 losfährt und um 8:30 ankommt, aber da war erst in zwei Tagen wieder Platz", "Der Bus ging nicht also mussten wir eine ganz andere Reiseroute fahren" "eigentlich wollten wir auch noch nach XYZ aber da geht kein Bus", etc.), dann passen wieder die Übernachtungsreservierungen und teilweise die gesamte Reiseplanung nicht... Ich bin wirklich ein Freund dessen, sich für eine solche Reise nur die Flüge zu buchen und mich vor Ort durchzuschlagen aber kein Land ist dafür schlechter geeignet als Kuba. Hier regieren die Fünfjahrespläne statt dem Internet.

Aufgrund diverser Nachfragen meine (Nicht-)Erfahrungen mit der Ordnungsmacht: Offiziell gelten in Kuba klare Tempolimits. In der Realität begrenzt meist die Straße die Höchstgeschwindigkeit, was teilweise Schrittgeschwindigkeit ist. Danach bilden Eselskarren, nebeneinander ratschende Radfahrer, rußwolkenspuckende Lastwagen oder einfach Fußgänger die sich zum ratschen auf die Fahrbahn setzen ein Geschwindigkeitskorrektiv. Sollte man also tatsächlich mal die Möglichkeit haben, schneller zu fahren als 90 auf der CC oder 100 auf der Autopista, dann setzt schnell das (meist voll beladene) Auto massive Grenzen: Unser Seat Cordoba hatte 120.000 sicher nicht materialschonende Kilometer auf der Uhr. Das führt dazu, dass die Kiste ab 130 mit dem Hinterteil wackelt wie eine Jintera in der Casa de la Trova. Das ist nicht lustig und recht schnell pendelt man seine Geschwindigkeit in Bereichen ein, die ohnehin legal sind. Aber nehmen wir mal an, man könnte (beispielsweise auf der Autopista 150km nach Osten) tatsächlich mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fahren. Dann mangelt es (Sozialismus hat auch seine guten Seiten) an jeglichen Instrumenten eine solche Geschwindigkeit zu messen. Nehmen wir als Steigerung dennoch mal an, es gäbe a) einen Polizisten der b) willig und c) fähig ist eine d) vorliegende Geschwindigkeitsübertretung e) festzustellen und f) mit seinem uralten UAZ dem Touristen zu folgen, dann blüht bei erfolgloser Ahnungsloser-Tourist-aus-Autobahnland-Diskussion ein Ticket i.H.v. 30 CUC, das im Mietvertrag eingetragen wird und bei Abgabe des Mietwagens und -vertrags von der Mietwagenfirma eingezogen wird. Außer natürlich, man hat leiderleider am Ende der Reise den Mietvertrag verloren - dann bezahlt man zwar 50 CUC Gebühr, aber es können natürlich auch keine Strafen eingezogen werden. Wir haben die gesamte Reise keine einzige Geschwindigkeitskontrolle gesehen und die Kubaner haben uns auch lediglich von Geschwindigkeitsschätzungen berichtet die dann lediglich zu mündlichen Verwarnungen geführt haben.
Ähnlich läuft es mit Alkohol im Straßenverkehr: In einem Land in dem in den Autobahnraststätten im Sekundentakt die Rumflaschen und Bierdosen geleert werden, ist die Durchsetzung der offiziellen 0,00 Grenze illusorisch. Da immer noch kein sozialistisches Bruderland sich erbarmt hat, Kuba Alkoholtestgeräte im Tausch gegen Zuckerrohr zu geben, beschränkt sich die Alkoholkontrolle auf Blutabnahmen nach Unfällen bei denen der Fahrer zu betrunken war um aus dem verunfallten Auto auszusteigen.

Mangelwirtschaft

Selbst halbwegs verlässlich verfügbar ist in Kuba nur das, was von Kleinbauern im Lande selbst hergestellt wird oder von sozialistischen Bruderstaaten (die immer weniger werden) in Überschussproduktion hergestellt wird. Dazu gehört sehr wenig, vor allem nichts was man als Fotograf benötigt. Während man in Asien bei Speicherplatzproblemen einfach in die nächste IT-Mall einkehrt und sich eine externe 1TB-Festplatte kauft, ist in Kuba selbst simples Mineralwasser oft im ganzen Ort ausverkauft. Man sollte also alles, was man an Technik braucht, mindestens einmal dabei haben. Als ich einmal mein Fuji-Ladegerät nicht sofort dort gefunden habe wo ich es vermutet habe, hatte ich sofort Angst um die weitere Benutzbarkeit der Fuji, da hier garantiert kein Ersatz erhältlich ist.
Single-Point-Of-Failure ist unbedingt zu vermeiden, wenn man keinen Totalausfall wegen lächerlichen Kleinigkeiten riskieren möchte.

Nach links geht es abwärts - und die Blockwarte passen auf, dass alles für die Revolution gegeben wird

Essen und Apartheid

Es gab einen Punkt in dem sich alle Reiseführer einig waren: Das Essen in Kuba ist miserabel. Zum Glück entpuppte sich dies als vollständig veraltete Information: Fast überall bekamen wir sehr einfach hervorragendes Essen zu äußerst sinnvollen Preisen. Die größte Ausnahme war ein kubanisches Peso-Restaurant in das normalerweise Touristen ohnehin keinen Zugang haben - was einen sehr guten Grund hat: Wir haben (nachgemessen!) zwei Stunden auf das Essen gewartet das weder schmackhaft noch irgendwie sättigend war. Ist man "abseits der Touristenpfade" unterwegs, landet man sehr schnell in der karibischen DDR im Jahre 2011: Nix funktioniert, vieles wird irgendwie zusammenimprovisiert aber wenn man einmal die Zivilisation kennengelernt hat, ist das Elend sehr schnell sehr unangenehm und hat nichts mehr mit Urlaub zu tun. Klingt hart, ist aber so und zum Glück haben wir es nur sehr selten erlebt. Andere Reisende die noch vor wenigen Jahren in Kuba waren, haben dies als Normalfall durchlitten.
Das hat zu einer bemerkenswerten Zweiklassenwirtschaft geführt, die einem Apartheidregime in wenig nachsteht: Die kubanische Regierung hat inzwischen akzeptiert, dass ein großer Teil des Landes ohne Einnahmen und Almosen der (kapitalistischen) Touristen sofort und radikal kollabieren würde. Die Einkünfte aus staatlichen Jobs haben jegliche Verbindung zu den Lebenshaltungskosten verloren und für einen Großteil der Bevölkerung ist selbst die elementarste Versorgung ohne Geschäfte oder eben auch oft Bettelei nicht mehr möglich. Deshalb hütet und beschützt der kubanische Staat die Touristen in einem unauffälligen, für die Kubaner aber recht harten Apartheidsystem: Wenn zu befürchten ist, dass Touristen oberhalb einer gewissen Toleranzschwelle angegangen werden, wird ein Kubaner schnell mal zur Personalienkontrolle auf die Polizeiwache abgeführt. Die Touristen werden oftmals genauso geschützt und staatlich kontrolliert gehätschelt wie das zwar auf den Weiden omnipräsente aber auf den Speisekarten strikt absente Rindfleisch. Befreundete Kubaner haben uns deshalb oft als "Beef" bezeichnet, weil wir eben vom Staat verhätschelt werden.
Den Höhepunkt der Absurdität und Perfektion erreicht dieses Apartheidsystem sicher in Varadero, was ein reines Touristenghetto ist zu dem nur ausgesuchte Kubaner unter strengen Voraussetzungen Zugang haben.
Nach den Revolutionen in arabischen Ländern wird offensichtlich, dass ein rückständiger totalitäter Staat massive Angst vor Informationsfreiheit haben muss, wenn die Macht gesichert werden soll. Mal sehen, wie lange das kubanische Regime seine Untergebenen von freien Informationen fernhalten kann.
Die gestern angekündigten Reformen werden daran wenig ändern – sie legalisieren lediglich die Realität, die sich ohnehin nicht mehr ändern ließ.

Reiseföhrer

Zum Glück gehört Kuba (noch) nicht zur Hauptdestination der ghettoisierten Lonely-Planet-Pseudoindividualisten die in Millionenscharen (in Asien wirklich KEINE Übertreibung) die angeblichen "Geheimtipps" wie die Khao San Road zu den übelsten Abzockermeilen verwandeln. Deshalb ist der Navigationsteil des Lonely Planet tatsächlich recht brauchbar und die Karten erwiesen sich oft als Hilfe, auch wenn sie teils sehr großzügig und ohne Kennzeichnung ganze Stadtteile rausgekürzt haben. Die Ausgehtipps kann man größtenteils vergessen, da die Autoren des Lonely Planet anscheinend in Kuba ausschließlich Restaurants empfehlen, die vegetarische Pizza, vegetarische Spaghetti und vegetarisches Chinafood anbieten und täglich mehrmals eine CSD-Parade durchs Restaurant veranstalten. Die Läden die als "leider sehr touristisch" gekennzeichnet sind, kann man sehr gut besuchen, da es dort (wie zum Beispiel in der Bodegita de Medio in Havanna) göttliches Essen mit hervorragenden Cocktails und sehr gute Trova-Mosik gibt.

Extrem gute Cocktails, göttliches Essen - was will man mehr?
Wirklich Lonely-Planet-verseucht ist eigentlich nur Havanna, da läuft quasi jeder Touri damit rum und dementsprechend läuft die Ghettoisierung der "Insidertipps" auf Hochtouren. Von der im LP gelobten Paladar "La Moneda Cubana" hat sich eben wegen dieser Werbung schon ein Fake-Paladar gegründet, der Touristen reinzieht die den Paladar suchen.

Reisebüro

Nach meinen nicht unbedingt guten Erfahrungen mit unserem Reisebüro möchte ich stark dazu raten, die Route selbst zu planen und die Unterkünfte von Deutschland aus selbst zu buchen. Damit hat man weniger Stress und weniger „Griffe ins Klo“ als bei einer pauschal bei einer großen Kette durchgebuchten Reise.